Asra Dar Dilan: Unterschied zwischen den Versionen

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(Geschichten)
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Es wird sich zeigen, ob es mein Weg ist. Allein - es macht mir etwas Angst, denn das Dasein eines Geisterbeschwörers ist ungleich gefährlicher als der eines Ziegenhirten oder Fischers.<br>
 
Es wird sich zeigen, ob es mein Weg ist. Allein - es macht mir etwas Angst, denn das Dasein eines Geisterbeschwörers ist ungleich gefährlicher als der eines Ziegenhirten oder Fischers.<br>
 
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|Überschrift=Gegenwart - IG erlebt
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|Überschrift=Gegenwart
 
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Vielleicht würde sich, wenn ich Erfolg haben würde, der Umstand ändern, dass ich nicht selten das Gefühl habe, überhört zu werden?
 
Vielleicht würde sich, wenn ich Erfolg haben würde, der Umstand ändern, dass ich nicht selten das Gefühl habe, überhört zu werden?
 
Mehrmals fiel es mir in letzter Zeit schon bei verschiedenen Personen auf, dass ich seltener angehört werde, als andere. Es liegt natürlich an dem Umstand, dass ich noch nicht ganz so lange wie andere in der Oase verweile und noch weit am Anfang meines Weges stehe und doch kann es mich manchmal böse frustrieren. Aber ich stehe damit nicht alleine da - Armin sprach auch schon darüber, dass er das ebenso oft genug erlebt hat und sich fühlt, als würde er in Jaafars Schatten stehen. Ein Umstand, der uns beide noch näher zusammengeführt hat. Nun sprechen wir uns beide gegenseitig Geduld und Mut zu, damit wir auch diese Zeit hinter uns bringen können. Irgendwann wird man uns beiden schon Gehör schenken, hoffe ich.<br>
 
Mehrmals fiel es mir in letzter Zeit schon bei verschiedenen Personen auf, dass ich seltener angehört werde, als andere. Es liegt natürlich an dem Umstand, dass ich noch nicht ganz so lange wie andere in der Oase verweile und noch weit am Anfang meines Weges stehe und doch kann es mich manchmal böse frustrieren. Aber ich stehe damit nicht alleine da - Armin sprach auch schon darüber, dass er das ebenso oft genug erlebt hat und sich fühlt, als würde er in Jaafars Schatten stehen. Ein Umstand, der uns beide noch näher zusammengeführt hat. Nun sprechen wir uns beide gegenseitig Geduld und Mut zu, damit wir auch diese Zeit hinter uns bringen können. Irgendwann wird man uns beiden schon Gehör schenken, hoffe ich.<br>
Einen gewagten Versuch werden wir sogar in Kürze unternehmen. Mit Menelar möchten wir beide über verschiedene Dinge sprechen. Ein wichtiger Punkt sind sicher die Ruinen und was in ihnen vor sich ging und vielleicht noch geht, was das für uns alle in Zukunft bedeuten könnte, aber auch die Expedition in unser Reich durch das Institut ist ein wichtiges Thema, wie auch das Institut allgemein. Vielleicht wachsen durch das Institut unser Volk und das Volk der Kaiserlichen wieder etwas zusammen? Nötig scheint es wohl zu sein, bedenkt man die aktuellen Gefahren.<br>}}{{Klappbox
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Einen gewagten Versuch werden wir sogar in Kürze unternehmen. Mit Menelar möchten wir beide über verschiedene Dinge sprechen. Ein wichtiger Punkt sind sicher die Ruinen und was in ihnen vor sich ging und vielleicht noch geht, was das für uns alle in Zukunft bedeuten könnte, aber auch die Expedition in unser Reich durch das Institut ist ein wichtiges Thema, wie auch das Institut allgemein. Vielleicht wachsen durch das Institut unser Volk und das Volk der Kaiserlichen wieder etwas zusammen? Nötig scheint es wohl zu sein, bedenkt man die aktuellen Gefahren.<br>
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=== Der rote Konvent und störendes Gefühlswirrwarr ===
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Wieder und wieder schrieb ich die Buchstaben ab, die ich von Kadir gelernt hatte. Ich will unbedingt bald richtig lesen und schreiben können, damit ich all das, was ich die letzten Tage und Wochen erfahren hatte, niederschreiben kann. Es wird immer mehr und mir scheint, mit fast jedem Tag kommen weitere Details hinzu und dann ist da noch eine Sorge. Was wäre, wenn es auch unter uns, hier in der Oase, Mörder geben könnte, die dem Roten Konvent angehören?<br>
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Seit dem Gespräch bei Menelar, als wir vom Tor im Kaiserreich zurückgekehrt waren, dachte ich immer wieder daran. Ich bemühte mich natürlich, ruhig zu bleiben. Allzu viel Misstrauen ist nicht gut, was man allein schon am Kaiserreich sieht. Ein solch reiches Land, gesegnet mit fruchtbaren Land und schattenspendenden Wäldern und doch lebt es in Angst.<br>
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Ich war Teil der Südländer, die zur sogenannten Stadt des Glanzes reisten, um dort auf die Nordländer zu warten und sich aufzumachen, um das nächste Tor zu reinigen und zu öffnen. Ein Mittelländer schloss sich uns noch an, der, wie es mir scheint, zum Institut von Krius von Dengra gehört. Am Tor angekommen bot sich uns nun ein anderes Bild, als in Dengra - Gestalten in roten Roben standen versammelt um ein kleines, schwebendes Licht. Es wirkte mehr wie ein Ritual. Einer von ihnen, der eine Sense in seiner Hand trug, hielt uns auf und sprach zu uns. Oder schwieg auf Fragen. Derweil sprach ich mit Armin, danach mit Dalia und noch während wir uns beratschlugen, schien sich jener mit der Sense aus dem Staub machen zu wollen und hetzte Untote auf uns. Die Waffen der Nordländer streckten sie rasch nieder und eines der Skelette zerfiel unter meinem Willen zu Staub. Auch die anderen Gestalten wurden bald schon niedergestreckt und so schaute ich mir das Licht an. Es war offenbar gefangen, wie es vor allem auf einer gänzlich anderen Ebene erkennbar war. Oder eher erfühlbar. Ich war selber unsicher bei dem, was ich da tat. Doch ich wollte etwas erkennen und zumindest der Wille verhalf mir zum Erfolg. Ein Sog war es offenbar und hier war nun eher Raum für Dalia und ihre elementaren Kräfte. Mit der Hilfe der anderen Südländer konnten wir das zuvor schluchzende und wimmernde Licht befreien und ein Torwächter zeigte sich uns, stellte die Rätsel, die von Samirah und, wenn ich mich nicht irre, Rya gelöst wurden und verschwand.<br>
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Doch genau in dem Moment tauchten Kaiserliche auf - vornehmlich Angehörige der Kirche und offenbar ein Gardist der Kaiserstadt, der laut rief, wir wären alle verhaftet. Mir blieb für einen Moment das Herz stehen, zumal ich mein Geisterszepter bei mir trug. Doch mit den anderen Südländern, die vor mir standen, hatte ich einen guten Sichtschutz und konnte den Stab in ein Tuch wickeln und an meinen Gürtel am Rücken klemmen, worüber der Umhang hing, so dass es nicht mehr auffiel, sofern man nicht meinen Rücken betrachtete.<br>
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Sah es am Anfang noch ausweglos aus, so ließ jener Kirchenmann in Rüstung offenbar mit sich reden. Auch ich versuchte ihn zu beruhigen, sprach seine Besorgnis bezüglich der Tore an, die ich vor einigen Wochen durchaus noch geteilt hatte und wies auf das Tun der Berobten hier am Tor hin. Auch die Roben selbst ließen ihn allmählich von seinem vorherigen Kurs gegen uns abkehren. Es schien, als wären diese Berobten bekannt im Kaiserreich - und gefürchtet. Seine Sorge galt wohl dann noch seinem Großmeister, dem er all das, was am Tor geschehen war, zu erklären hatte und ich bot ihm an, dass einer der unsrigen ihn begleiten könnte. Ich wäre durchaus selber gerne mit ihm gegangen, doch mit dem versteckten Stab war das keine besonders gute Idee - spätestens wenn man mich durchsucht hätte, hätte ich ein Problem gehabt. Armin jedoch begleitete ihn, während der Rest von uns zurückkehrte.<br>
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Recht spät erst kehrte Armin zurück aus dem Kaiserreich. Sein Gespräch mit dem Großmeister war wohl vergleichsweise kurz gewesen, dafür hatte es wohl wiederum einen unnötigen Disput zwischen dem Großmeister und den Nordländern gegeben. Unzweifelhaft sind viele Kaiserliche ausgesprochen beharrliche Prinzipienreiter.<br>
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Armin und ich entschlossen uns, Menelar, den Anführer der Oase, aufzusuchen und ihm Bericht zu erstatten. Etwas nervös war ich schon, als ich vor dem Palast stand, denn bisher war ich ihm nur einmal begegnet, hatte aber damals kein Wort mit ihm gewechselt, da ich bloß dem damaligen Treffen aller Oasenbewohner zugehört hatte. Nun galt es mit ihm aber direkt zu reden und sich vor allem gut zu benehmen.<br>
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Das Gespräch verlief angenehm. In seinem wahrhaft prächtigen Palast tranken wir mit ihm Tee und mehr und mehr erzählte er uns von jenen Berobten, die wir am Tor angetroffen haten - der Rote Konvent. Einen Schrieb hatte er uns noch übergeben, der mehr Informationen zu ihnen bereithielt und - wahrlich eine Überraschung - von Urias von Dengra geschrieben worden war. Auch von ihm sprach er und nun bin ich mehr denn je dazu entschlossen, diesen Mann ausfindig zu machen. Ich hoffe, dass ich bald Aktari sehe, damit ich mit ihm darüber reden kann.<br>
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Erst sehr spät verließ ich, vollkommen übermüdet, den Palast, derweil Armin noch etwas bei ihm blieb. Ich muss zugeben - ich bin stolz auf Armin. Am Tor verhielt er sich meist sehr besonnen, auch wenn es zwischen ihm und Rya ein wenig Rangeleien gab, aber ich denke, das lässt sich bald aus der Welt schaffen. Eigenartig war es nur, dass es mir ein wenig schwerfiel, ihm direkt zu sagen, dass ich stolz auf ihn wäre. Es war fast so, als würde ich zuviel "verraten".<br>
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Fraglich nun, ob es an Kadirs Worten vor kurzem lag. Kurz nachdem ich mich bei dem Elementarscholaren entschuldigt hatte wegen meinen unüberlegten Worten kürzlich, sprach er davon, dass Armin einiges für mich übrig hätte. Nun, ich verstehe mich gut mit ihm und wir beide haben schon vieles erlebt, aber fraglich, ob er wirklich so fühlt. Ich war mir da nicht so sicher und ich bin mir auch nicht sicher, was ich in der Hinsicht fühle. Wäre es überhaupt angebracht, sich auf so etwas einzulassen? Armin und ich haben beide noch viel zu lernen. Irgendwelche Gefühle könnten uns vielleicht sogar eher im Weg sein, als von Nutzen.<br>
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Die letzten Tage habe ich daher begonnen, Armin zu beobachten. Wie verhält er sich gegenüber anderen Frauen, wie mir gegenüber, wo ist da der Unterschied, wie reagiert er auf manche Worte von mir? Heute wagte ich es sogar und gab Worte von mir, die ihn nicht nur irritiert hatten. Ich hatte das Gefühl, als hätte er einen Moment verletzt ausgesehen, als ich gemeint hätte, er hätte ja nun Zeit für andere Frauen, wenn ich nicht da wäre. Ich sagte ihm, dass es nicht böse gemeint war und wollte mich an sich rasch aus dem Staub machen, als ich ihn noch etwas sagen hörte. Verwirrt war ich nun, als ich herumblickte zu ihm.<br>
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Ich bin immer noch nicht sicher, was ich fühle. Vielleicht ist es auch mein Widerstand gegen so etwas. Ich will in erster Linie eine Geisterbeschwörerin sein, wenn ich soweit bin. Zwar merke ich immer mal wieder, dass da wieder eine andere Seite ist, die verzückt Kleider und Schmuck kauft und mit Kadir scherzt, doch die Seite, die ich eigentlich zeigen möchte, will respektiert und stark sein und kein kicherndes Weib, welches nur Romantik im Sinn hat.<br>
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Wieder mal wünsche ich mir, Großmutter wäre bei mir oder würde zu mir sprechen, um mir einen Rat zu geben. Immerhin hatte sie geliebt, geheiratet und Kinder bekommen, ehe diese dann meiner Schwester und mir das Leben schenkten. Unmöglich wäre eine Verbindung also nicht.<br>
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Ich warte ab.<br>
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Zumal die Geschichte rund um den Roten Konvent und seinen Mitgliedern uns beschäftigt. Uns - das sind nicht allein Armin und ich. Auch Kadir haben wir darüber eingeweiht und ihm auch von den Geschehnissen am Tor und Urias von Dengra erzählt. Nachdem Armin mir und Kadir die Aufzeichnungen Urias' vorgelesen und wir darüber geredet hatten, hatten wir drei uns dann aufgemacht, um jenen Ort zu suchen, wo Urias vielleicht zuletzt gewesen war. Meine Vermutung war das Land weit im Westen des Nebellandes.<br>
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Der Weg dorthin war nicht ganz ungefährlich - Steppenorks griffen uns an, denn zu dritt fielen wir deutlicher auf, als wenn man dort alleine durchs hohe Gras huscht.<br>
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Im Westen wiederum schauten wir uns ein Lager an, in welchem, so schien es mir bisher, Räuber hausen. Doch nun fiel mir vor allem eines auf - sie trugen Rot. Kadir zeichnete noch ein Wandrelief ab und als wir einige dieser Gestalten niedergestreckt hatten, sahen wir uns in ihrem Gemäuer um. Das sah wahrlich nicht nach der Unterkunft einfacher Räuber aus, sondern mehr wie die von Magiern und Alchemisten, die sich lediglich zum Schutz einige Lakaien hielten, derweil sie ihre Untaten im Kaiserreich fortsetzen. Zumindest ist das meine Vermutung. Beweise haben wir dazu noch keine.<br>
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Ich führte die beiden weiter in den Westen, wo ich schon manches Mal Kräuter und Kokons des Seidenspinners gesammelt hatte. Dieser breite Pfad, der hier durch den Wald zu einem scheinbaren Platz führt, fiel mir dieses Mal nun besonders auf. Hier lebte niemand, warum also die Straße? Und warum dieser Platz?<br>
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Ich erinnerte mich an manche Legende - davon, wie durch gewaltige, magische Kräfte ganze Häuser oder sogar Ortschaften förmlich aus dem Erdreich "gerissen" und in eine andere Welt geschleudert wurden. Vielleicht war das auch hier passiert und damit verschwand auch Urias? Auch nur wieder eine Vermutung und wieder ein Punkt, den ich mit Aktari ansprechen muss. Sind es wirklich nur Legenden oder wäre das am Ende wirklich möglich?<br>
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Wir sahen uns weiter um, fanden aber nichts Ungewöhnliches mehr und kehrten wieder zurück in die Oase.<br>
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Armin wiederum erzählte mir am nächsten Tag von weiteren Informationen bezüglich dem Roten Konvent und wieder verfluchte ich mich im Stillen, dass ich noch nicht ausreichend Schreiben kann. Dafür will er es wohl nun notieren.<br>
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Gleich also nun, was wirklich Armins Gefühle sein mögen - wir haben derzeit offenbar andere Sorgen und damit kehren meine Gedanken wieder zurück zu der Sorge darüber, wo sich überall Mitglieder des Roten Konventes aufhalten könnten. Armin, Kadir und ich sollten bei unseren Nachforschungen besser vorsichtig vorgehen, damit wir nicht auffallen. Wenn ich nur einen der beiden verlieren würde ...
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In diesem Moment denke ich an das Bild zurück, was sich mir bot, als ich Mutter und Vater nach dem schrecklichen Sandsturm tot in der Wüste fand.<br>
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=== Kopf oder Herz? ===
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Leise plätscherte und gurgelte das klare Quellwasser, welches an das Seeufer sanft stieß. In der Pinie über mir sang leise ein Vogel sein Nachtlied, während der Schein der Sonne in einem Spiel aus Gold und Rosa verging. Tief atmete ich durch, während ich unterhalb des Baumes im Schneidersitz saß und mich einfach nur auf den Moment zu konzentrieren versuchte. Ich wollte meinen Kopf förmlich leeren, jeglichen Gedanken wie Kleidung abstreifen, denn ich hatte die letzten Wochen gemerkt, dass ich mir immer mehr und mehr Gedanken machte, die mich bisweilen sogar eher behinderten, als voranbrachten.<br>
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Und auch jetzt wollte es nicht so wirklich gelingen. Vielleicht half es ja, wenn ich ihnen einen Moment nachhängen würde? So blickte ich hinaus auf den See, derweil sich der Himmel darüber langsam verdunkelte und erste Sterne sich zeigten.<br>
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Ich kam nicht umhin, den ersten Gedanken Armin zu widmen. Wenn ich zuviel nachdenke, denkt er wohl zu wenig nach. Während mich mein Kopf leitet, ist es bei ihm das Herz. Nur in einem Moment hatte ich meinem Gefühl nachgegeben und war auf ihn zugegangen. Ein kurzer Kuss war es nur, doch der bedeutete so viel mehr als alle Worte oder jegliche Leidenschaft.<br>
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Seither denke ich viel über uns beiden nach, doch sobald wir beide allein sind, vergehen diese Gedanken. Allmählich genieße ich es, an seiner Seite zu lehnen, mit ihm zu sprechen, den Moment auszukosten und ab und an zu spüren, wie er durch mein Haar streicht. Erst wenn ich wieder alleine bin, beginnt mein Kopf erneut zu arbeiten und mein Verstand fragt mich, ob ich alles richtig mache.<br> Vernachlässige ich nichts? Habe ich mich richtig verhalten? Verhalte ich mich vernünftig in der Öffentlichkeit, wenn Armin in der Nähe ist?<br>
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All diese herumtanzenden Gedanken sind ein Graus und doch kann ich nicht davon ablassen. Ein guter Grund Ruhe und Gleichgewicht zu lernen. Vermutlich sind die meisten meiner Befürchtungen eh unbegründet. Selbst der Punkt, dass das, was zwischen uns steht - wie auch immer man das nennen mag, denn das Wort "Liebe" wirkt auf mich noch zu mächtig - uns auch zur Gefahr werden kann, wenn andere, wie der Rote Konvent, es als Waffe gegen uns einsetzen könnten, gebe ich langsam auf. Heißt es nicht, dass Angst die größte Waffe ist? Ich gehe davon aus, dass Armin das Richtige tun wird, sollte meine Befürchtung je eintreffen. Bis dahin werde ich ihn darin unterrichten, auch loslassen zu können und mit dem Tod, auch meinem, zu leben. Der Tod ist es nicht, den wir fürchten sollten - vielmehr sollten wir ein schlechtes, unerfülltes Leben fürchten. So lange hatte ich einem Sinn in meinem Leben, einem Platz in dieser Welt nachgejagt und nun kenne ich ihn und komme ihm immer näher. Vielleicht ist Armin ein Teil dieses Sinns - wer weiß das schon?<br>
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Davon ab können wir beide auch weiterhin gut Hand in Hand zusammenarbeiten. Sei es der Besuch bei Esseri Alastair, sei es die Erledigungen für das Treffen, welches Menelar einberaumen möchte. Generell ist alles anders, als damals, als ich mich verliebt hatte. Ich war jung und unerfahren, Djamil ebenso. Letztlich war es wohl eh nur die Neugierde, die uns beiden zusammengeführt hatte. So saßen wir abends am Feuer zusammen, natürlich unter den wachsamen Augen der Älteren. Ab und an neckten und ärgerten wir uns, hielten unsere Hände und ein oder zwei Küsse gaben wir uns. Nach kurzer Zeit war es vorüber. Ich hatte zeitweise ernsthaft gedacht, dass es vielleicht auch mein Weg sein könnte, eine Familie zu gründen, aber es stellte sich wieder mal als Irrturm heraus.<br>
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Im Stillen frage ich mich, ob es so bei meinen Eltern gewesen sein mochte? Sie liebten sich wahrhaftig, auch wenn sie nicht immer einer Meinung waren, auch wenn sie es manchmal vorzogen, etwas Abstand zu halten, um dann die Nähe des anderen wieder zu genießen. Einer ergänzte den anderen.<br>
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Als ich sie das letzte Mal sah ...<br>
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Ich schluckte und blinzelte etwas, rasch wischte ich mir über die Augen und versuchte den Gedanken an meine Eltern zu vertreiben und ebenso das Bild in meinem Kopf, was sich mir geboten hatte.<br>
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Es dauerte an diesem Abend noch lange, bis in die Nacht hinein, ehe ich innerlich Ruhe fand und endlich mein inneres Gleichgewicht zu finden wagte.<br>
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=== Meditation - Zeichnungen im Sand ===
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Mein rechter Zeigefinger berührte den Wüstensand. Langsam, gleichmäßig begann ich in diesen zu zeichnen, indem ich Linien zog. Möglichst gleichmäßig und sauber sollten sie sein, auch wenn es länger dauern würde, sie zu ziehen. Perfektion wollte ich erreichen. Perfektion darin, Linien in den Wüstensand zu zeichnen.<br>
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Ich hätte früher darüber gelacht.<br>
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Ein Gedanke, den ich rasch fortwischte. Abschweifende Gedanken würden mir die Konzentration nehmen und mich von dieser Aufgabe, so unwichtig und unspektakulär sie auch erschien, ablenken. Ich dachte zuviel nach. Jetzt jedoch leerte ich meine Gedanken und ließ nur noch Platz für die Linien im Sand.<br>
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Mehr und mehr entstand ein Muster. Mal waren es gerade Linien, dann wurden sie umschlossen von einem Kreis, ehe daneben weitere Linien, ebenso umschlossen von Kreise, entstanden. Dazwischen plazierte ich kleine Punkte. An manchen Stellen groß, an anderen klein.<br>
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Einen Beutel öffnete ich und entnahm aus diesem Sand, den ich in der Region, die wir das "Flammende Licht" nennen, fand. Dieser Sand hat einen rötlicheren Ton, als wäre er tatsächlich vom Licht der Sonne verbrannt. Hier und da verteilte ich ihn in den Kreisen - so akkurat und gleichmäßig, wie es nur ging. Dicht hing ich über meinen Zeichnungen, dabei bemüht, sie nicht zu berühren, damit sie nicht zerstört werden. Mein ganzes Denken und Handeln war in diesem Moment nur auf den Sand unter meinen Händen ausgerichtet und kurz schoß es mir durch den Kopf - ich habe es geschafft! Mein Kopf ist frei!<br>
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Und erkannte in dem Moment, wie er sich schon wieder anzufüllen drohte mit Gedanken, die doch nur meine Freude über diesen ersten, kleinen, scheinbaren Erfolg ausdrückten.<br>
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Tief atmete ich ein, lehnte mich zurück, schloß die Augen und atmete durch. Für einen Moment rief ich mir ein Bild vor meinem geistigen Auge, was ich mir derzeit immer ins Gedächtnis rief, wenn ich innerliche Ruhe suchte - ein träge in der untergehenden Abendsonne dahinfließender Fluss, auf ihm kleine Boote, auf denen Menschen saßen oder standen und ein einzelner Ibis, der über sie hinwegfliegt, der Nacht entgegen.<br>
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Der Anblick beruhigte mich und so öffnete ich meine Augen wieder und nahm meine Arbeit von Neuem auf. Sogar etwas Erde aus dem Nebelland hatte ich in einem Beutel gesammelt und verteilte diese nun ebenso zwischen den Linien und Kreisen im Sand und verlor mich dann noch eine gute Weile darin, das Kunstwerk im Boden weiter auszubauen.<br>
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Dann war es vollbracht.<br>
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Ich drückte mich vorsichtig hoch, weiterhin darauf bedacht, nichts davon zu zerstören, was ich gerade erschaffen hatte. Einen längeren Moment stand ich da und betrachtete das Bild vor mir - mehrere Kreise, die komplexe Welten darstellen sollten, teils farbig ausgearbeitet mit rotem Sand und brauner Erde. Es sah schön aus.<br>
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Dann beugte ich mich hinab und wischte mit meinen Händen durch das Kunstwerk. Ich zerstörte es. Es schmerzte ein wenig, denn es hatte Zeit gedauert, bis es so schön wurde. Niemand hatte es gesehen und niemand wird es mehr sehen.<br>
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Als alle Linien und Kreise beseitigt waren, der rote Sand mit der braunen Erde und dem Sand der Wüste unweit der Oase vermischt war, ließ ich mich abseits unter einer Palme nieder und ließ meine Gedanken wieder zu. Doch geordnet - die Schönheit des Seins, der Schmerz des Verlustes, die Trauer um nie bewunderte Schönheit oder vielleicht sogar Perfektion. Doch auch die Mühelosigkeit der Zerstörung und den Platz, den die Zerstörung doch geschaffen hatte.<br>
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Und zuletzt die stille Freude darüber, dass ich zumindest für eine kurze Weile meine herumwirbelnden Gedanken abgelegt hatte, um mich einzig auf eine Aufgabe zu konzentrieren.<br>
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=== Der Rote Konvent in der Oase? ===
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Ich hatte wahrhaft Schwierigkeiten einzuschlafen, als ich meinen gewohnten Platz am oberen See aufsuchte und mich dort unter der Palme bettete. Jedes noch so kleine Geräusch ließ mich aufhorchen und zuvor noch, als ich mit Nuroelle sprach und irgendein mir noch unbekannter Südländer wie ein Derwisch ans uns wortlos vorbeirannte, zuckte ich deutlich zusammen. Das Treffen Menelars mit uns sowie ein paar Kaiserlichen hatte seine Spuren hinterlassen.<br>
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In mehrfacher Hinsicht, wobei die andere Spur vergleichsweise unbedeutend ist. Es begann damit, dass Khabas mich gefragt hatte, warum er keine Einladung zu dem Treffen hätte. Ich versuche es ihm zu erklären und er erwähnte, dass er bei zumindest einem Tor dabei gewesen war. Der Umstand war mir unbekannt, doch ich blieb dabei. Armin, Kadir und ich hatten die Wahl getroffen und weder wollte ich ohne Rückfrage diese Wahl ändern, noch sah ich es als nicht sinnvoll an. Am Ende wäre die ganze Oase versammelt und man käme kaum zum Punkt. Offenbar setzte ich mich damit wohl in die Nesseln und bat Armin später, mit Khabas zu reden, was er tat. Es scheint, als hätte er Erfolg gehabt. Gut, Armin ist auf seine Art auch weicher als ich. Wo ich bei einem "Nein" bleibe oder lieber länger abwäge, hört er mehr auf seine Gefühle. Man könnte auch sagen, dass das Klischee der weichherzigen Frau und des stur-analytischen Mannes bei uns beiden vertauscht ist.<br>
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Auch kurz vor dem Treffen schaffte ich es mich wohl wieder vorerst unbeliebt zu machen, als ich gegenüber Goran deutlich auftrat. Entweder denkt wirklich jeder, ich - als Frau - wäre so derartig weich, dass man mich nur zu fragen brauchte und es daher nicht bei Kadir und Armin versuchten, die ebenso ihren Anteil an der Wahl gehabt hatten oder es mochte andere Gründe geben, die mir noch nicht bekannt sind.<br>
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Ganz egal - ich habe in den Tagen gelernt, dass ich mich nicht der Illusion hingeben sollte, dass ich jederzeit bei jedem beliebt bin, davon ab, dass es mir wichtiger ist, dass man meine Worte ernst nimmt und ich nicht einer biegsamen Schlange gleich jedes Hindernis umgehe.<br>
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Das Treffen wiederum nahm seinen Lauf. Ich hatte Nuroelle darum gebeten, etwas aufzupassen, da ich - so kurz ich sie auch erst kenne - ihr schon sehr vertraue und ihre vernünftige, ruhige Art zu schätzen weiß. Vielleicht war es aber auch eine unbewusste Vorsehung?<br>
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Die Gespräche, die sich vornehmlich um Urias von Dengra und den Roten Konvent drehten, waren im Grunde recht ruhig, sah man von den Zankereien zwischen Isurn Brauhaupt und Constantin Alastair ab. Als noch Dalia mit einstieg, als sie über Magiegesetze debattierten, reichte es mir und ich mahnte an, warum wir zusammensaßen. Offenbar hatte der Appell Erfolg und so waren wir eigentlich dabei, weiter über den Konvent und mögliche Schritte in naher Zukunft zu sprechen, als ...<br>
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Wenn ich mich recht zurück entsinne, so begann es erst etwas kühl zu werden, Nebel kam auf, was hier in diesem Land schon ungewöhnlich ist und dann schoss ein Bolzen heran, ehe das Chaos hereinbrach.<br>
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Verursacher des Chaos war ein einziger Mann, gekleidet in Rot und bewaffnet, welcher sich Menelar als Ziel auserkoren hatte. Mehr noch - es schien, als wären wir in der Anderswelt gelandet, denn es fehlte an jeglicher Farbe um uns herum. Rasch gingen die ersten Gäste bewusstlos zu Boden, derweil ich mit Nuroelle zu Menelar eilte. Dieser wurde vom Attentäter verletzt und ich rief nach Ilyana Liaril, entsann ich mich noch, dass sie eine Heilerin wäre. Glücklicherweise war sie in der Lage ihm zu helfen, so dass er den Anschlag überlebte. Auch der Attentäter wurde niedergestreckt und wir mussten mit Entsetzen feststellen, dass jener ein Angehöriger unseres Volkes ist.<br>
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Wir besprachen uns noch, untersuchten den Bolzen, die Rüstung, die Waffen und Nuroelle schlug gerade vor, dass ich den Attentäter untersuchen solle, als sich auf einmal ein rotes Tor auftat und eine Person mit eigenartig blauer Haut hervortrat und jenen Attentäter auf offenbar magische Weise zu sich holte und mit diesem verschwand. Athenor, wenn ich den Namen noch richtig im Sinn habe, hieß er laut Isurn. Jener Dämon also, von dem ich schon mal durch Armin gehört hatte.<br>
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Die Gesellschaft löste sich bald auf. Ich begleitete gemeinsam mit Nuroelle Esseri Alastair zur Kaiserstadt, da er ohne Waffen und Rüstung war - und davon ab, zog ich es vor, ihn und Isurn zu trennen, sonst wäre wohl noch einer von den beiden auf dem Rückflug vom Teppich geworfen worden!<br>
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Ich hatte mir die letzten Wochen noch eingeredet, dass ich mir nicht allzuviel Sorgen machen muss. Ja, den Roten Konvent gibt es und er stellt eine Gefahr dar, aber ich hatte die Sorge, dass ich und auch andere zu misstrauisch werden könnten, wenn ich mir vorstellen würde, der Rote Konvent wäre auch unter uns in der Oase.<br>
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Offenbar kann man nicht misstrauisch genug sein.<br>
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Doch das Misstrauen ist es auch, was mich schwer einschlafen lässt. Etwas beruhigend ist zwar der Gedanke, dass ich mich auf Armin, Kadir und seit kurzem auch Nureolle stets verlassen kann, aber wie man bei dem Anschlag sah, kann auch das kaum helfen, wenn plötzlich ein Bolzen auf einen geschossen wird und ein Mensch, welcher sich so unmenschlich schnell bewegt und über Kräfte zu gebieten scheint, die mehr einem dunklen Magus oder sogar Scheitan gleichen, einen anzugreifen versucht. Vorsichtiger denn je müssen wir nun gegen den Konvent vorgehen.<br>
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=== Die Expedition ===
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Ich kehrte zurück in die Oase und mich umfing sogleich das Plätschern des Wasserfalls nahe der Höhlen und aus den Aquädukten, die die Oase mit Wasser vom oberen Quellsee versorgen. Das vielfache Rufen und Zwitschern verschiedener Vögel drang an meine Ohren und geschäftiges Treiben auf den Straßen erblickten meine Augen. All das war schon so vertraut, auch wenn es seit kurzem einen bitteren Beigeschmack hatte - könnte jener fliegende Händler vielleicht ein Kultist sein? Wer von den Beschützern der Oase mag schon korrumpiert sein? Wem kann man wirklich trauen? Wem darf man wieviel erzählen? Kann ich Musad weiterhin meine Briefe schreiben lassen, wenn es um den Roten Konvent geht?<br>
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Diese Sorgen hatte ich in der Wüste nicht unbedingt. Am letzten Abend, als ich mit Armin in der Steinkatze auf einem Umhang saß und wir uns dies und das erzählten, was wir erlebt und erfahren hatten, fühlte ich - und nicht nur ich allein - diese Freiheit, die die Wüste bot. Davon ab, dass sie unsere Heimat ist, wo wir zur Welt kamen und aufwuchsen.<br>
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Entsprechend traf es mich schon, als Arkhos Worte über die Gegend und über die Geister fallen ließ, die aber letztlich nur darauf zurückzuführen sind, dass er nunmal ein einfacher Kämpfer ist, der seiner Göttin folgt und nichts anderes zu kennen scheint. Vielleicht sollte ich ihm bei einer anderen Gelegenheit darauf hinweisen, was das Wort "Gastfreundschaft" für einen Gast bedeutet. Andererseits war ich auch teils angenehm überrascht von diesem Söldner - er hängt, im Gegensatz zu Isurn und jener Frau, die man "Ray" nannte - immerhin an seinem Leben und vermeidet kopflose Aktionen und überstürztes Vorpreschen. Das halte ich ihm schon mal zugute.<br>
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Was die Expedition angeht, so bekam ich nun eine spürbare Kostprobe der Zwischenwelt und mehr denn je dürstet es mich, Aktari zu sehen, auf dass ich hoffentlich in naher Zukunft selber in der Lage bin, den Weg aus dieser Welt zu finden. Als wir nahe der Ruinen wanderten, verschluckte uns die Zwischenwelt überraschenderweise und wir konnten allesamt von Glück reden, dass wir jenen Mann dort trafen, der uns letztlich half, wieder zurück in unsere Welt zu kehren. Interessant war er allemal und ich hoffe, ich kann ihn irgendwann wieder einmal treffen, ist er doch in der Lage andere Welten zu bereisen.<br>
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Aber auch die Untersuchung der Steinkatze in der Wüste brachte etwas Unerwartetes zutage. Ich bin nun gespannt, wie das Institut weiter verfährt und ob es uns wissen lässt, um was es sich genau bei dem Schwert dreht, was sie dort fanden. Aber ich vertraue auch Armin, dass er in dem Fall mit Nachdruck aufzutreten weiß. Es mag sein, dass Menelar die Wüste als einen Ort des Todes und des Durstes ansieht, aber es ist meine Heimat und mir bereitet der Gedanke Unbehagen, dass Kaiserliche sich ungehindert an der Wüste bedienen könnten, so karg sie auch sein mag, zumal es sicher einen Grund gab, weswegen das Schwert dort lag. Was wäre, wenn durch das Entfernen des Schwertes ein Geist verärgert wurde, der uns heimsuchen würde?<br>
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Andererseits halte ich aber Krius von Dengra für umsichtig genug. Mir gegenüber zeigte er sich bisher verhältnismäßig offen, soweit man das von einem kaiserlichen Adeligen sagen kann. Immerhin halte ich nun etwas in den Händen, was mir helfen könnte, seinen Onkel zu finden.<br>
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Und wieder schweifen meine Gedanken zu Aktari. Ich dürste nach seinem Wissen und fühle mich, als wäre ich in einer Wüste der Unwissenheit gefangen. Und nicht nur die Reisen in anderen Welten oder das Auffinden von Urias sind es, die mich derzeit beschäftigen. Armin hatte mir Interessantes vom Unterricht bei Meister Kazeem, bei dem Kadir lernt, berichtet. Vielleicht kann es mein Mentor sogar bestätigen, sofern er um die Geheimnisse unserer Tätowierungen weiß.<br>
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Ich spüre schon wieder, wie die Oase für mich enger zu werden droht. Vielleicht sollte ich wieder zurück in die Wüste, ehe mich Nuroelle findet und auf mich aufzupassen 'droht'. Neben dem Wissen ist doch auch die Freiheit für mich ein kostbares Gut.<br>}}{{Klappbox
 
|Überschrift=Träume
 
|Überschrift=Träume
 
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''Meine zweite Welt ist die nicht-materielle Welt der Schatten und Geister. Nichts davon ist fassbar, oftmals nicht sichtbar, vor allem nicht für das unkundige Auge. Bestenfalls kann man sie fühlen. Ihre Präsenz, die einem Schauer über den Rücken jagt und das Herz rascher klopfen lässt. Geister sind nicht grundsätzlich gut oder böse. Sie sind fast wie wir, denn auch wir haben unsere Gründe, warum wir etwas tun, was manche nicht als gut ansehen. Ist ein Mann denn böse, der einen anderen tötet, um seine Familie zu schützen? Ist ein Geist böse, welcher auch nur etwas zu schützen versucht oder ein Ahn, welcher von unerfüllter Rache getrieben wird?''<br>
 
''Meine zweite Welt ist die nicht-materielle Welt der Schatten und Geister. Nichts davon ist fassbar, oftmals nicht sichtbar, vor allem nicht für das unkundige Auge. Bestenfalls kann man sie fühlen. Ihre Präsenz, die einem Schauer über den Rücken jagt und das Herz rascher klopfen lässt. Geister sind nicht grundsätzlich gut oder böse. Sie sind fast wie wir, denn auch wir haben unsere Gründe, warum wir etwas tun, was manche nicht als gut ansehen. Ist ein Mann denn böse, der einen anderen tötet, um seine Familie zu schützen? Ist ein Geist böse, welcher auch nur etwas zu schützen versucht oder ein Ahn, welcher von unerfüllter Rache getrieben wird?''<br>
 
Ja, dachte ich, als ich noch zwischen Wachen und Träumen schwankte, das Echo einer anderen Zeit und eines anderen Raumes verklang und langsam die Müdigkeit meines Körpers spürte, der meinem erwachenden Geist zu gehorchen hatte. Das ist mein Weg.<br>
 
Ja, dachte ich, als ich noch zwischen Wachen und Träumen schwankte, das Echo einer anderen Zeit und eines anderen Raumes verklang und langsam die Müdigkeit meines Körpers spürte, der meinem erwachenden Geist zu gehorchen hatte. Das ist mein Weg.<br>
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|Überschrift=Vergangenheit
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=== Der Sandsturm ===
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"Asra! Trödel nicht! Wir wollen bald die Berge erreichen!"<br>
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Rasch drehte sich der Kopf mit den unzähligen Zöpfen herum zu der Quelle der Stimme. Streng war der Blick des Onkels, doch Asra wusste, dass er es letztlich nur zum Besten aller meinte. Trotzdem wäre sie noch gerne geblieben. Diese Oase war so friedlich und hatte ihnen allen viel geboten. Nur einen Tag länger, dachte Asra im Stillen. Nur einen Tag länger von den köstlichen Früchten hier essen dürfen, noch einen Tag länger die Ruhe dieses Ortes genießen.<br>
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"Nun komm endlich!"<br>
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Eilig räumte Asra ihre letzten Habseligkeiten zusammen. Da war noch etwas. Etwas, was sie nicht wirklich bestimmen konnte. Das war nicht allein die köstliche Fruchtbarkeit der Oase, die sie hielt. Leicht schüttelte sie ihren Kopf und schob das Gefühl von sich. Ihre Schwester war nun die Schamanin des Stammes und wenn diese auch der Meinung war, es wäre richtig wieder aufzubrechen, dann war das eben so. Was wusste sie, Asra, denn schon davon, ob es nun besser wäre hier zu bleiben oder nicht?<br>
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Die Sonne war noch nicht gänzlich aufgegangen, als sie ihre Reise begannen. Einige Kamele, nur noch wenige Ziegen sowie ein paar Hunde, die vor allem auf die Ziegen achteten, dazu mehrere Dutzend Menschen verschiedenen Alters zogen weiter. Wer nicht krank oder zu alt war, ging zu Fuß, wobei die jüngsten Kinder meist in einem Stofftuch vor der Brust ihrer Mutter hingen. Jeder hatte seine Habseligkeiten auf den Rücken geschnallt, während einige Zelte auf den Rücken der Kamele transportiert wurden. Am heutigen Abend sollten sie das Gebirge erreichen, hieß es. Dort würde man die kommende Regenzeit abwarten, ehe man wieder hinaus in die Wüste reisen und die erblühende Pracht genießen würde.<br>
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Ein paar Stunden waren sie wohl schon gereist. Langsam zog die Karawane über Dünen aus Sand und Gestein, wo bedingt durch die Trockenzeit nur noch wenig trockenes Gestrüpp wuchs, an dem ab und an eine Ziege mal hielt, um etwas zu fressen, ehe sie ein Hund oder Mensch weiter antrieb. Doch dann kam die Karawane zum Halten.<br>
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Weiter vorne, wo Asras Vater und Onkel gingen, wurde offenbar diskutiert und rasch schob sie sich etwas weiter voran, um mitzubekommen, worum es ging, doch bevor sie die beiden erreichte, sah sie bereits, was sie zum Anhalten bewogen hatte. Entsetzt weiteten sich ihre dunklen Augen, die einer schmutzig-graugelben Wand entgegen blickten, welche vom Nordwesten auf sie zuraste. Fast der gesamte Horizont in der Richtung schien nur noch aus dieser sich ständig neu formenden Wand aus wirbelnden Sand zu bestehen - ein Sandsturm.<br>
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Vielleicht wäre Asra in dem Moment ihr Gefühl eingefallen, welches sie noch in der Oase gehabt hatte, hätte sie die Ruhe dafür gehabt. Doch wer in der Wüste lebt und einem solch gewaltigen Sandsturm entgegenblickt, hat nur noch eines im Sinn - Flucht und die Suche nach einem schützenden Platz.<br>
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Hektischer wurde es. Es wäre zwar nicht das erste Mal gewesen, dass sie einen Sandsturm erlebt hätten, doch dieser sah schlimmer aus, als das, was sie bisher erlebt hatten. Die Tiere wurden immer unruhiger und ihr Onkel gab die Anweisung, so schnell wie möglich nach Nordosten zu fliehen. Dort gab es zumindest einige Felsformationen, erste Ausläufer des nahen Gebirges, wo man Unterschlupf finden könnte.<br>
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Keuchend rannte Asra durch den Sand, wagte nur einmal einen Blick zurück zur finsteren Wand, die sich hinter ihnen immer weiter auftürmte und näher raste. Sie glaubt sogar in dieser Wand aus Wind, Sand und Gestein vereinzelt wirbelnde Palmen ausgemacht zu haben. Ab und an half sie jemanden auf, der im Sand gestürzt war, schaute sich zu den Seiten um, in der Hoffnung, alle würden die rettenden Felsen erreichen können. Mehr und mehr riss der Wind an ihrer Kleidung und an ihrem Haar, Sand wirbelte allmählich auf und sie blinzelte, als ihr dieser ins Gesicht und in die Augen flog. Das Pfeifen des Windes nahm zu, die Umgebung und der Himmel verdunkelten sich, doch dann spürte sie die ersten Felsen unter ihren Füßen und eilig verkroch sie sich in einer Felsspalte, mit ihr zusammen ein paar Kinder samt Ziege und Hütehund.<br>
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Wie lange sie dort dicht gedrängt ausgeharrt hatten, konnte Asra nicht genau sagen. Am Anfang hatte sie noch die Schreie von draußen gehört, dann nur noch den Wind, ehe dieser langsam nachließ und sie statt der Schreie das leise Wimmern der Kinder und Fiepen des Hundes hörte. Irgendwann ging die Dunkelheit des Sturmes über in die Dunkelheit einer Nacht, die so friedlich wirkte, dass man es für Hohn hätte halten können. Vorsichtig und steif kroch sie wieder hervor, hieß die Kinder dort noch etwas auszuharren, damit sie sie wieder finden konnte, wenn sie andere des Stammes ausgemacht hatte.<br>
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Einige weitere Mitglieder des Stammes hatten in anderen Spalten ausgeharrt und kamen nun ebenso hervorgekrochen, doch waren es nicht viele. Zahid, ein Beschützer des Stammes, war einer der ersten, den sie traf und der rasch zu organisieren begann - ein Teil des Stammes sollte ein provisorisches Lager zwischen den Felsen errichten und vor allem Feuer entzünden, so dass sie sich einerseits wärmen konnten, andererseits um gefährliche Wesen abzuschrecken, aber auch damit versprengte Reste vom Stamm das Feuer sehen und zu ihnen finden konnten. Andere wiederum zogen mit ihm los, um nach dem Rest des Stammes zu suchen. Asra kam mit ihnen, denn voller Sorge hatte sie festgestellt, dass sie weder ihre Schwester, noch ihre Eltern gesehen hatte. Ihr Onkel wiederum war schwerverletzt am Rande der Felsen aufgefunden worden und es war fraglich, ob er die Nacht überleben würde.<br>
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Mit Fackeln ausgestattet gingen sie wieder tiefer in die Wüste hinein, fanden die meist leblosen Körper von Kamele, Ziegen und Menschen. Oftmals waren sie wohl hoch in die Luft gewirbelt worden, ehe sie wieder zu Boden gestürzt worden waren. Manche waren auch von herumwirbelnden Steinen oder Palmen getroffen worden, andere schlichtweg am Sand erstickt.<br>
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Träge erhob sich die Sonne am Horizont, als Asra und ein Jäger des Stammes erneut Leichen im Sand fanden. Asra hatte schon das Gefühl, vollkommen abgestumpft bei diesem Anblick zu sein, doch dieses Mal war es anders - ihre Eltern lagen dort im Sand und abgesehen von den Verletzungen ihres Vaters, der noch immer seine Arme um seine Frau geschlungen und sie mit seinem Körper geschützt hatte, schien es fast, als würden beide lediglich friedlich schlafen.<br>
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Der Tod war es auch der sie traf, doch etwas anderes ließ ihr Herz weitaus stärker schwer werden - diese vollkommene Liebe bis in den Tod.<br>}}

Version vom 9. Juli 2011, 20:48 Uhr

charentry
Asra Dar Dilan.jpg
Asra Dar Dilan
Geburtsdatum5. Mart 640
Geschlechtweiblich
Größeknapp 1,60 m
Haarfarbesehr dunkel mit rötlichem Schimmer je nach Lichteinfall
Augenfarbedunkelbraun
Staturzierlich und nahezu knabenhaft
RasseMensch
VolkVerborgene
KlasseSuchende
WohnortBlume des Südens
SonstigesHaare zu zahlreichen, schmalen Zöpfen geflochten, verziert mit Bändern und schlichten Holzperlen; am Körper Tätowierungen, die den Wind symbolisieren sollen, tragend; rote Brandnarben auf der linken Handfläche

Statusaktiv

charentry

Passende Musik

Solace - Paradise Lost

Äußerlichkeiten

Das Markanteste an Asra sind, wenn man den Anblick von Verborgenen gewöhnt ist, ihre Haare. Sie wirken sehr dunkel - offenbar ein tiefes Dunkelbraun mit einem Tick ins Schwarze rein, doch sobald Licht auf diese fällt, sieht man in den Haaren einen dunkelroten Glanz. Doch auch ihre Frisur mag für manche ungewöhnlich sein - unzählige, schmale, lange Zöpfe, teils mit Holzperlen und Bändern verziert, fallen über ihre Schultern hinab und ab und an auch ins Gesicht.
Ihr Gesicht selber wird vor allem von ihren sehr dunklen Augen geprägt, die zwar dunkelbraun sind, aber besonders bei diffusen Lichtverhältnissen schon nahezu schwarz wirken. Ihre Lippen wiederum sind voll und weich, denn offenbar scheint sie diese selbst auf Reisen zu pflegen, wie auch den Rest des Körpers, denn ihre Haut fühlt sich ebenso weich an und trägt keine Muttermale oder Narben.
Zierlich und eher klein ist sie wie so viele andere südländische Frauen und auch die dunkle Haut ist recht typisch für ihr Volk. Doch hinzu kommt, dass ihre Statur ein wenig mehr ins Knabenhafte gerät. Hüften und Brust sind nicht allzu stark ausgeprägt und würde sie weite Kleidung tragen und ihr Gesicht stark verhüllen, könnte sie unter Umständen auch als junger Mann durchgehen.
An ihrem Körper trägt sie zudem Tätowierungen, die auf ihre Geburtselement - den Wind - hindeuten.
Ihre Kleidung ist meist eher robust und verhältnismäßig einfach, doch trotz ihrer wenig fraulichen Statur, trägt sie gerne Röcke und knappe, enganliegende Oberteile, die die (kaum vorhandene) Brust betonen.
Seit kurzem fallen rote Brandnarben an ihrer linken Handfläche auf.

Was sie häufig bei sich trägt

Geisterszepter

Stets an ihrem Gürtel steckend, bisweilen auch in ihrer Hand ruhend und außerhalb des Reiches der Verborgenen oftmals vorsorglich mit einem Tuch verhüllt, ist ihr Geisterszepter. Jener eher kurze Stab besteht aus Mangrovenholz, was wiederum spiralförmig gewunden wurde, wobei die Windungen in einem sehr dunklen, metallischen Ton schimmern, als hätte jemand Schattenstein geschmolzen und darauf einer Farbe gleich verteilt. Am Kopfende befindet sich tatsächlich ein Kopf - der Schädel eines Tieres, wobei Tierkundler ihn als Antilopenschädel identifizieren können. Am Szepter befestigt findet man noch weitere Knochen einer Antilopen, wie auch einen seidigen Faden, der einige Falkenfedern hält und die leicht im Wind wehen.
Berühren Fremde den Stab, werden sie ein eher unangenehmes Gefühl verspüren - ein steter Wechsel zwischen Wärme und Kälte samt einem unschönen Kribbeln, wo sie den Stab berühren.

Beutel mit Phiolen und Flaschen

An einem Gürtel trägt sie meist eine kleine, leicht gepolsterte Tasche, die jedoch leicht zu öffnen ist. In dieser findet man etliche Phiolen und Flaschen, die jedoch einen eigentümlichen Inhalt haben - die meisten haben einen sich ständig bewegenden Nebel als Inhalt, ein paar wenige wiederum scheinen innerlich eine Art nebelartigen Sturm zu tragen, welcher sich auf eher chaotische Art und Weise bewegt. Unkundige könnten das Gefühl haben, das Innere der Flaschen und Phiolen lebt förmlich.

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