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Ein Meer aus glitzerndem Sand RSS feed
Forum Index » Die Stämme des Südens
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Katouh El Khir

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Joined: Jul 1, 2024
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Zu lange verharrte sie in dem zerstörten Zelt von nichts als Sand umgeben. Wie lange verweilte sie bereits hier? Sie hätte es nicht sagen können. Mehrmals war die Sonne auf - und untergegangen, der Wasserschlauch war geleert und ein quälend, dumpfer Schmerz machte sich in ihrer Magengegend breit.
„Entscheide dich“ flüsterte eine Stimme in ihrem Kopf, „ Entscheide dich rasch“.
Katouh verweilte noch, sich zu überwinden war schwer und doch bewerkstelligte sie es sich zu bewegen und vor das Zelt zu treten. Ihr Blick suchte den Horizont ab. Ein Meer aus glitzerndem Sand erhob sich vor ihr, vom Wind verwehte Dünen, hier und da ein vertrockneter Strauch, sonst nur Sonne die gnadenlos jeden Schatten raubte.
Das Lager war verwüstet, Töpfe und Zelte eingerissen, das Feuer erloschen und der Boden bedeckt von Spuren eines Kampfes. Sie sah den Turban ihres Vaters, den Schuh ihrer kleinen Schwester, gar das Messer ihres Bruders auf dem Boden liegen, doch von ihnen selbst war keine Spur.

In Gedanken wanderte sie zu dem Tag zurück, als man sie losgeschickt hatte, den Spuren ihrer entlaufenen Ziege zu folgen. Als sie spät am Abend unverrichteter Dinge zum Lager zurückkehrte, war es wie ausgestorben.
Katouh’s Herz pochte wie wild, was war in ihrer Abwesenheit geschehen, wo waren sie?Wo war Vater, wo ihre Geschwister, wo der Onkel und die Tante, wo die Ziegen und das Kamel?
Es musste einen Kampf gegeben haben, ihr Blick schweifte über den umgeworfenen Wasserkessel.
Wer hatte sie mit sich genommen, wer hatte ihre Familie geraubt?

Katouh suchte den Horizont ab, versuchte den Spuren zu folgen, doch vergebens. Sie bewegte sich im Kreis ohne Hinweis, denn der Wind hatte gnadenlos jede Spur im feinen Sand verweht. Viele Tage saß sie wartend in dem was von dem Lager übrig geblieben war, hoffend, bangend unfähig sich zu rühren. Sie war allein. Wie noch nie zuvor in ihrem Leben.
Wieder mahnte die Stimme in ihrem Kopf: „ Entscheide dich!“
Und sie packte das Notdürftigste in einem Beutel, hüllte sich in ein weites Tuch und begann ihre Wanderschaft in der Hoffnung sie alle zu finden.

Katouh El Khir

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Joined: Jul 1, 2024
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Tage vergingen und die junge Südländerin wanderte wie in Trance einem unbekannten Ziel entgegen, einen Schritt vor den anderen setzend, stets den Horizont nach ihrer verschollenen Familie absuchend. Entkräftet sah sie am dritten Abend ihrer Wanderung ein Feuer und ging darauf zu. Sie näherte sich und vernahm friedlich anmutende Stimmen, hier und da gar ein ein Lachen und den Duft von frisch auf dem Feuer gerösteten Fladenbrot.
Wie sich schon bald herausstellte, handelte es sich um eine Karawane die hier ihr Nachtlager aufgeschlagen hatte, Händler dessen Ziel der Markt vom Juwel der Wüste war. Katouh wurde willkommen geheißen, man bot ihr Tee und Essen an, nahm Anteil an ihrem traurigen Schicksal. Sie wurde eingeladen sich der Karawane anzuschließen, keiner wollte sie dem sicheren Tod in der Wüste überlassen.
Nach vielen Tagen sah man die Gipfel des Sprechenden Berges und bald schon befand sich Katouh inmitten des Juwels. Man verabschiedete sie mit wohlwollenden Wünschen und wieder einmal war die junge Frau allein auf sich gestellt.
Noch nie war sie inmitten einer Stadt aus Stein gewesen, noch nie hatte sie so viele Menschen auf einem Fleckchen Erde gesehen. Stimmen schwirrten an ihr Ohr, munteres Geplapper, Rufe der Händler die ihre Ware anpriesen. Hunde, Katzen, Vögel, Palmen und Brunnen mit frischem Wasser vervollständigten den Eindruck eines Paradieses.
Sie fand einen Schlafplatz im Stall, der Stallknecht billigte es und tat als würde er sie nicht bemerken.
Nach und nach erkundete sie das Juwel, diesen wundervoll anmutenden Ort.

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Katouh El Khir

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Joined: Jul 1, 2024
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Schon gleich am ersten Tag traf sie auf zwei Frauen, Kesvinn und Takama. Jene begegneten ihr freundlich und hilfsbereit, zeigten ihr den Markt, gaben Hinweise auf was sie zu achten habe. Takama nahm sie ein wenig später beiseite und lieh ihr ein paar lange Hosen, anmerkend, dass man sich hier streng an den Asshak halten würde und unbedecktes Bein Peinlichkeiten hervorrufen könnten. Die lederne Hose war sehr groß, zu warm und unförmig, aber Katouh sah die Notwendigkeit, wenn auch nicht gerade begeistert, ein. Schon am nächsten Morgen zog sie los um die Gegend zu erkunden und hielt vergeblich Ausschau nach Spuren der Entführung. Im Schatten einer Palme suchte sie Schutz und nahm sich Zeit die nächsten Schritte zu überlegen.
Um zu überleben benötigte sie Essen und somit Münzen um jenes kaufen zu können. Ihr Köcher war noch mit Pfeilen gefüllt und sie begab sich auf die Jagd. Kleine Vögel fielen ihr zum Opfer, die Federn boten einen guten Tauschwert und somit verbrachte sie den Tag Münzen anzuhäufen. Zu ihrem Leidwesen zerbrach der alte Bogen, es musste Ersatz her. An diesem Tage war nicht ein Bogen verfügbar, man riet ihr andere Orte aufzusuchen und so betrat Katouh das Schiff welches sie zur Stadt des Glanzes brachte.
Diese Stadt selbst war so anders als das Juwel und es war bedeutend kühler. Katouh fröstelte und beschleunigte ihren Schritt in Richtung des Marktes. Zielstrebig wanderte sie die Händler ab, Ausschau haltend nach einem Bogen der nicht zu teuer und dennoch etwas taugen würde und fand tatsächlich einen ansehnlichen Kurzbogen aus Olivenholz. Der Handel war vollzogen und ihr leichter ums Herz.
Auf dem Rückweg kam sie an einem Ort vorbei, dessen beeindruckende Architektur die junge Südländerin in den Bann zog und sie vorsichtig eintreten ließ. Wände aus Stein den sie zuvor nicht gekannt hatte, kein Sandstein, etwas dunkler und fester. Sie setzte einen Schritt vor den anderen bis sie Stimmen hörte und erblickte einen Mann in einer Robe, der mit zwei Händlern sprach.
Die Menschen hier hatten hellere Haut und ebenso helleres Haar und Katouh kamen die Erzählungen des Vaters in den Sinn. „Deren Volk ist anders als das unsere, besser man bleibt unter sich, sie verstehen unsere Art zu leben nicht.“ Doch alle Sinne der Südländerin waren wie neu erwacht, Wissbegierde erfüllte ihr Herz, oder war es gar Abenteuerlust die sich da plötzlich regte?
Und tatsächlich kam sie mit dem jungen Mann ins Gespräch, er stellte sich ihr als Navarion Aschenfeld vor, Priester der Avia. Gebannt lauschte Katouh und sog jedes Wort in sich auf. Eine fremde Welt tat sich ihr auf, so gern wollte sie mehr erfahren, doch rief die Pflicht den jungen Priester und ihre Wege trennten sich. Sie nahm sich vor ihn bald wieder aufzusuchen um mehr von dieser fremden Welt zu erfahren.

Mit einem neuen Bogen und weiteren Pfeilen ausgestattet segelte sie zurück zum Juwel, gerade rechtzeitig um Kesvinn in die Arme zu laufen. „Begleite mich, ich möchte dir den Statthalter Amin al-Farabi vorstellen.“ An einem Zelt etwas abseits trafen sie auf Amin und Katouh fand sich bald darauf inmitten einer spannenden Erzählung wieder, in der es um einen Erdgeist ging, ein Grab und eine wichtige Aufgabe die alle miteinander verwoben waren. Auch wurde viel vom Asshak gesprochen, Dinge wie, ein Dank sei nicht nötig, weil alles auf Wertschätzung und den Erhalt der Würde basieren würde.
Sie fühlte sich überfordert und gleichzeitig wie erweckt. Diese neue Welt barg so viel Neues und Wissenswertes, gleichzeitig auch Gefahr und die Notwendigkeit von Vorsicht und Achtsamkeit.

Noch lange lag sie in dieser Nacht wach und durchlebte alles noch einmal. Aber sie durfte sich nicht ablenken lassen, ihr Ziel nicht aus den Augen verlieren, gleich Morgen würde sie sich weiterhin auf die Suche nach ihrer Familie begeben und Einwohner befragen.
Amin hatte Sklavenhandel erwähnt und Katouh wurde das Herz eng.
Katouh El Khir

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Joined: Jul 1, 2024
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Sie erwachte mit dem ersten Licht des Tages, noch schien die Stadt zu schlafen, hier und da rief ein Vogel, eine Katze sonnte sich im frühen Morgenlicht. Katouh’s Füße führten sie in die nahegelegene Wüste, jetzt da die Sonne noch nicht ihre volle Kraft entfaltet hatte, war es erträglich und sie fand frischen Wüstenpfeffer und wilden Ingwer der sich sicher gut auf dem Markt verkaufen ließ. Doch wie aus dem Nichts näherte sich ihr ein riesiger Skorpion. Katouh schaffte es gerade noch so zurückzuspringen, einen Pfeil am Bogen anzusetzen und zu schießen bevor er sie angreifen konnte. Sie war noch keine besonders gute Schützin, doch es reichte, um diesem Angreifer den Garaus zu machen. Sie würde achtsamer sein müssen, wenn sie diese Wüste überleben wollte.
Leicht eingeschüchtert begab sie sich wieder zum Juwel, welches ihr Sicherheit bot und sie traf abermals auf Kesvinn. Diese überreichte ihr Kleidung, die einer Schützin Bewegunsfreiheit bieten würde, und zufrieden nahm Katouh es an und legte Takamas Hose in ihr Bankfach. Das war viel besser, doch traute sie sich nicht zu danken, dem Asshak entsprechend würde sie damit die Würde Kesvinns missachten.

Ein neues Abenteuer wartete auf sie – eine Reise auf einem „Fliegenden Teppich“ in Richtung einer Stadt im Sumpf namens Dengra. „Hier gibt es einen Bogner namens Finn, hinterlasse ihm doch eine Nachricht, du brauchst doch Pfeile, oder?“ sprach Kesvinn und so suchte sich Katouh Papier und Stift und schrieb eine Nachricht die sie in der Bank hinterließ.
Wieder ging es zurück zum Juwel der Wüste mittels Teppich. Was wohl ihre Familie sagen würde zu all diesen Abenteuern? Angstvoll blickte sie hinab auf die unter ihr vorbeiziehende Landschaft. Es war einschüchternd und herrlich zugleich. Etwas am Luftstrom verhinderte, dass sie hinabfielen, ja es war geradezu so, als würden sie in einer Art Blase sitzen, vom Teppich angezogen werden!

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Am Abend nahm Kesvinn sie mit zu Issam, dem Siegelhüter. Er war ein beeindruckender, schon etwas älterer Mann der ein grausig anmutendes Brandzeichnen mitten auf der Stirn trug.
Er lud die beiden Frauen zum Tee ein und erzählte Katouh die Geschichte des Juwels, sein Entstehen, seine Besetzung durch die kaiserlichen Armeen und dessen Befreiung.
So ganz erschloss sich ihr nicht seine Stellung, er verwahrte so wie sie es verstanden hatte ein Siegel, welches ein Grab verschlossen hielt. Er war der Siegelhüter. Und somit anscheinend eine sehr bedeutsame Persönlichkeit.

Später am Abend traute sich Katouh Issam um Rat zu bitten. Sie erzählte wie ihre Familie verschwunden sei, wahrscheinlich entführt worden sei, und erhielt zur Antwort, dass nicht sie allein ein solches Schicksal durchleben habe, sondern auch Kesvinn und eine andere ihr noch unbekannte Südländerin. Die Wüste sei ein gefährlicher Ort, es durchquerten Räuber und Sklavenhändler die Sandberge, Durst und Hunger lauerte an jeder Ecke, giftige Skorpione und Schlangen taten das ihre.
Allerdings gäbe es einen Ort in den Bergen an dem man den Ahnen ein Opfer bringen könne. Ob man mit der Antwort zufrieden sein würde, stünde auf einem anderen Blatt.
Plötzlich wurde Katouh still, was wenn sie den Tatsachen nicht ins Auge sehen wollte.
Sie würde nachdenken müssen und sich dann entscheiden.

Kes und Issam sprachen von einem Zimmer welches an Neuankömmlinge vergeben werden würde, doch Katouh wollte sich nicht aufdrängen, doch nahm es dankbar zu Kenntnis.
Ein sauberer, kühler Raum war sicher angenehmer als das Stroh im Pferdestall. Sie würde auf das freundliche Angebot zurückkommen schwor sie sich.

Wieder war ein Tag vergangen und Katouh blickte hinauf zum Sternenhimmel, welcher sich hier so klar und funkelnd öffnete. Sie würde sich den Ahnen anvertrauen und ihr Schicksal annehmen.
 
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