Tereena
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Geschichte
Tereena Awon wurde am 22. Ogmhios des Jahres 643 in der Nähe von Eisendorf geboren. Ihre Eltern waren damals bei einer Adelsfamilie, dessen Name Tereena heute aus der Erinnerung entschwunden ist, angestellt. Ihre Mutter als Kammerdienerin und ihr Vater als Berater und Schreiber des Hauses. Auf diese Weise erlernte Tereena auch das Lesen und Schreiben, da sie es damals mit den Kindern des Hausherren zusammen unterrichtet bekam.
Viele Erinnerungen an diese sorgenfreie Zeit waren ihr nicht geblieben, da sie nicht sehr lange währte.Da Tereena damals noch zu klein war, um viel zu verstehen, bleiben bis heute die wahren Begebenheiten um den Tod ihrer Eltern im Dunkeln. Niemand wollte ihr Auskunft geben auch nicht, als sie bereits alt genug war, um jene ertragen zu können. Sie schwiegen und nahmen nach und nach das Geheimnis mit in den Tod. Sie wusste lediglich, dass die beiden ab einem bestimmten Zeitpunkt ihres Lebens einfach nicht mehr da gewesen waren. Heute war es schwer für sie sich daran zu erinnern, wie sie ausgesehen hatten. Aber sie erinnerte sich deutlich an das sanfte Lächeln ihrer Mutter, welches stets Geborgenheit spendete und ihre Stimme. Ihre Stimme klang noch heute lebendig in ihrem Ohr, als hätte ihre Mutter gerade erst mit ihr gesprochen. Tereena blieb vorerst bei der Familie, für welche ihre Eltern gearbeitet hatten – wohin hätte man sie auch abschieben sollen? Eines frühen Morgens im Herbst, die Blätter hatten bereits begonnen sich in allen Farben zu zeigen und den Boden als schillernden Teppich zu bedecken, kamen Gäste an den Hof. Man hatte einiges zu bereden, wie es schien, doch die Kinder wurden darin ohnehin nie mit eingebunden – was allerdings nicht bedeutete, dass sie nicht lauschten. Und das taten sie stets mit voller Inbrunst, verhalten kichernd weil man wusste, etwas furchtbar Verbotenes anzustellen. Doch an jenem Tag, war Tereena nicht zu lachen zumute. Man sprach über sie. Sie wusste nicht genau warum, da sie nur Fetzen aufschnappte und ab und an ihren Namen fallen hörte, doch sie wusste an den ernsten Gesichtern, dass es nichts Gutes war. Sie war damals um die acht Jahre herum gewesen, nicht viel von der Welt verstehend aber durchaus wissend, dass sie nicht immer heil und ganz war. Spätestens nicht mehr seit dem Tod ihrer Eltern. Man zitierte sie in den großen Saal. Fackeln brannten wie immer zu beiden Seiten der Halle und malten verzerrte, tanzende Schatten an die hohen Steinwände. Sie fröstelte, nicht wissend warum, während sie sich bemühte, ein höfliches Lächeln aufzusetzen, den Blick unverwandt auf die beiden Fremden gerichtet, welche ihr ebenfalls entgegen lächelten. Es wirkte falsch. Die ganze Kulisse schien aufgesetzt und einfach falsch. Ihre Schritte wurden immer langsamer, lediglich der aufmunternde Druck in ihrem Rücken zwang sie, weiterzugehen. Schließlich kamen ihre Schritte vor dem Tisch zum erliegen, mechanisch verbeugte sie sich, den Blick daraufhin wieder pendeln lassend. In ihren Augen mischte sich zu der darin ohnehin bereits bestehenden Verwirrung, Unruhe und Angst. „Setz dich, Tereena.“ Die Stimme der Hausmutter klang warm, nicht so warm wie die ihrer Mutter aber dennoch freundlich. Sie zögerte, doch schließlich krabbelte sie auf den für sie damals noch sehr riesig erscheinenen Holzstuhl, die Hände sorgsam in ihrem Schoß gebettet. Es mochte wie eine demütige Geste erscheinen, doch in Wahrheit tat sie es nur, um die Nervosität ungestört mit jenen abkneten zu können. „Das sind dein Onkel und deine Tante. Sie kamen von weit her, nachdem sie vom...“ Sie schien kurz zu zögern als wäre es ihr immer noch unangenehm vor einem Kind über den Tod seiner Eltern zu sprechen. Tereenas Miene blieb eisern. „Sie kamen so schnell sie konnten, nachdem sie von den Neuigkeiten erfahren hatten.“ Ihr Mund war trocken, erneut erfolgte ein mechanisch wirkendes Nicken, während der Blick immer wieder zu den Fremden huschte. „Ich kenne sie nicht.“ Die fremde Frau stieß ein schrilles Lachen aus, welches sich verzerrt und unangenehm in der Halle überschlug. Tereena zuckte leicht zusammen, ihre Haltung verkrümmte sich etwas. Die Frau war ihr unsympathisch. „Ach meine Kleine! Du warst auch noch ein Baby, als wir dich zuletzt in den Armen hielten! Meine Schwester hat uns nicht sehr oft besucht, weil wir so weit weg gewohnt haben! Doch als die Nachricht uns erreichte...“ Sie brach ab um ein, Tereenas Meinung nach, überzogenes Schluchzen in die Stille auszustoßen und sich anschließend in ein bereits dargelegtes Stofftaschentuch zu schnäuzen. Tereenas stechend grüne Augen verfolgten jede ihrer Bewegungen. Alles an ihr wirkte falsch, doch sie wusste nicht wieso. Es war lediglich ein ungutes Gefühl welches sich in ihr ausbreitete. Der Blick wanderte zurück zu ihrer Gastfamilie, welche ebenfalls ein wenig nervös zu sein schienen. Tereena hatte von je her eine gute Menschenkenntnis besessen und wusste, wenn Menschen ein Fassade aufsetzten oder sich ihre Haltung änderte. Keiner in diesem Raum schien in dem Moment das zu sein, was er tatsächlich war. „Du...wirst mit ihnen mitgehen.“ Tereena nickte, mechanisch. Trocken. Leer. Sie hatte gewusst, dass es so enden würde, als sie den Raum betreten hatte. Wie hatte sie auch nur für einen Moment glauben können, hier ihr Leben fristen zu können? Sie war nicht adelig. Sie war das Kind von Bediensteten. Und diese waren nun tot. Sie hatte kein Anrecht darauf, hier weiter zu verweilen.
Die Erwachsenen nahmen ihre Gespräche auf, ab und an zeugte sie von ihrer Anteilnahme indem sie einfach nickte, doch sie hörte bereits nicht mehr zu. Irgendwann glitt sie vom Sessel herab und folgte wieder den aufmunternden Stößen in ihrem Rücken, welche sie sanft in Richtung Türe bugsierten. Dann war sie wieder aus der Halle draußen und der warme Herbstmorgen schien mit einem Mal viel weniger schillernd und fröhlich.
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